„Im urbanen Kontext müssen wir Akzeptanzthematiken berücksichtigen“

Experteninterview – 17. Juli 2024 | Sarah Hommel de Mendonça

Auf der Intersolar Europe 2024 wurden in einem ausführlichen Rahmenprogramm auch dieses Jahr die innovativsten Anwendungen der PV vorgestellt. Die bauwerkintegrierte PV, auch BIPV (eng. Building Integrated Photovoltaics) genannt, wird derzeit günstiger und gewinnt an Relevanz.

Auf dem Intersolar Forum moderierte Fabian Flade vom Solarenergieförderverein Bayern e.V. eine Session, bei der Unternehmen sowie die Forschung die neuesten Produkte, Entwicklungen und Projekte im Bereich bauwerkintegrierte PV vorstellten. Im Interview gab er uns einen Überblick, was es dort zu hören gab.

Interview mit Fabian Flade vom Solarenergieförderverein Bayern e.V.

Welche spannenden Vorträge und Themen gab es in der Session und wo sehen Sie die Entwicklung der BIPV gerade hingehen?

Gestartet sind wir mit einem Überblick. Wir haben BIPV erst einmal von der klassischen Energieerzeugung abgegrenzt – denn das Modul wird hier zu einem Bauprodukt. Es gibt damit zusätzliche Anforderungen, denn BIPV bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Architektur und Energietechnik, das schafft Herausforderungen und ist auch der Grund, warum das Thema noch eine Nischenanwendung im Vergleich zur Verwendung von Standardmodulen ist.

Anschließend haben wir die Montagemöglichkeiten für PV-Module im Dach und an der Fassade beleuchtet, dabei haben wir einen Schwerpunkt auf die Schweiz gelegt. Dort werden beeindruckende Umsetzungen im Bereich BIPV gemacht, Gestaltung scheint dort wichtiger zu sein, als etwa bei uns in Deutschland, wo alles eher auf Kosten und Wirtschaftlichkeit reduziert wird. In der Schweiz gibt es eine Bereitschaft, auch den Gestaltungsaspekt für wesentlich zu erachten. Bauen ist in der Schweiz teuer und wenn man baut, dann macht man gleich etwas wirklich Gescheites.

Dann sind wir auf die Rolle der Architekt*innen eingegangen. Die sind wichtige Player in dem Bereich, auf deren Bedürfnisse man eingehen muss. Da kann man nicht mit dem klassischen Verständnis, wie man es bei der PV hat: „Hier ist mein Produkt, nimm und mach“ agieren, sondern man muss die Vorstellungen der Architekten berücksichtigen. Die arbeiten ansonsten mit Materialien, die sie z. B. noch auf der Baustelle in unterschiedlichen Formaten zugeschnitten bekommen bzw. deren Abmessungen sie selbst bestimmen können oder deren Abmessungen sie in ihrer Software hinterlegt haben. Das geht mit PV-Modulen so nicht. Eine Chance für die BIPV ist hier, dass die Hersteller maßgeschneiderte PV-Module mit unterschiedlichen Abmessungen und Farbigkeiten bereitstellen können. Stichwort Farbe: Wenn die Module an Gebäuden angebracht sind, die im urbanen Kontext sichtbar sind, dann müssen wir das Thema Akzeptanz berücksichtigen. Da wird das dann eher nicht das Standardmodul sein, sondern ein Sondermodul, das nicht auffällt, weil die Solarzellen kaum sichtbar sind oder das mattiert ist, um die Blendwirlung zu reduzieren.

Wenn wir die Energie in die Städte holen, was wir tun müssen, weil dort der Verbrauch ist, dann müssen wir uns anpassen. Wir dürfen natürlich die Technik, die Effizienz nicht vergessen, müssen aber vor allem den gestalterischen Aspekt in den Vordergrund stellen. Da sind auf unserer Session Lösungen gezeigt worden, die in die Zukunft weisen. Interessant vor allem auch das Thema Farbigkeit. Das ist schon länger ein Thema. Aber es gab das Problem, dass die Bedruckung die Effizienz der Module reduziert. Wenn man weg von dem klassischen Blau oder Schwarz geht, beispielsweise in Richtung Terracotta, dann hatte man üblicherweise rd. 25 Prozent Verlust. Hier wurden jetzt Verfahren gezeigt, bei denen diese Verluste sehr viel geringer sind, wo man z. B. durch keramischen Druck eine Reduktion der Effizienz auf 5 bis maximal 10 Prozent, auch bei sehr heller Farbigkeit, erzielen konnte.

Zum Schluss sind wir dann mit der organischen PV auf ein Zukunftsthema eingegangen. Die Solarzellen sind dort nicht mehr von einem starren Front- und/oder Rückseitenglas geschützt, sondern sind flexibel, können sich unterschiedlichsten Formen anpassen. Allerdings ist momentan der Wirkungsgrad noch relativ gering. Im breiten Markt ist die Technologie noch nicht wirklich anwendbar, sie wird aktuell eher für Pilotprojekte verwendet, die Leuchtturmcharakter haben. In Zukunft könnte das aber ganz groß werden: Flexible, leichte Produkte, die sich entsprechend sehr gut anpassen lassen und die sich wie eine Haut um das Gebäude legen.

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