Power Purchase Agreements (PPAs), Stromlieferverträge zwischen Stromerzeuger und -Verbraucher, erfreuten sich während der Energiekrise und dem damit einhergehenden Allzeithoch bei den Strompreisen, großer Beliebtheit. Mit der Normalisierung der Strompreise hatte sich der PPA-Markt in Deutschland zwischenzeitlich wieder abgekühlt. Jedoch stellen PPAs vor allem für Firmen nach wie vor ein attraktives Bezugsmodell dar.
Wir sprachen mit Thomas Hillig von THenergy auf dem Forum Solar PLUS 2023 über die aktuellen Entwicklungen auf dem PPA-Markt, wie sich dieser noch besser entwickeln könnte und in welchem Verhältnis PPAs zu den sogenannten Contracts for Difference (CfDs) stehen.
Was sind die Herausforderungen einer standortübergreifenden Stromversorgung, die PPA´s mit sich bringen?
Zum einen sind PPAs mit sehr großem administrativem Aufwand verbunden, anders ausgedrückt, hohe Transaktionskosten, also man braucht eine gewisse Größe, um PPAs überhaupt wirtschaftlich abschließen zu können. Zweite Herausforderung ist dann das Counterpartrisiko, also dass der Abnehmer abspringt, nicht mehr zahlen kann.
Für Unternehmen, die vielleicht wirtschaftlich nicht ganz so gut dastehen, kann das dann auch zu Problemen führen. Werden denen überhaupt PPAs angeboten und zu welchen Konditionen? Ein Beispiel: bei SAP wird man denken, dass die auch noch in zehn oder zwanzig Jahren da sein werden, die werden zahlen, wenn sie den Vertrag abgeschlossen haben. Bei einem deutschen Stahlkonzern, wo man sich fragt, wie lange wird jetzt überhaupt bei steigenden Strompreisen die Stahlherstellung noch durch dieses Unternehmen erfolgen, ist das natürlich eine andere Frage.
Das ist Teil der hohen Transaktionskosten, dass man einen Abnehmer ganz genau prüfen muss und das involviert dann wieder alle möglichen Parteien, die dann die Due Diligence des Abnehmers machen.
Was hat es mit der Projektgröße auf sich, die du als Herausforderung erwähnt hast?
Es geht um die Transaktionskosten, um diese Due Diligence, die ganzen Anwälte um ein PPA zu verfassen. Wir reden nicht von zwei Seiten, sondern von einem Dokument, das in der Regel durchaus mal über 100 Seiten hat: all das muss sich wirtschaftlich rentieren, um diesen ganzen Aufwand zu betreiben. Meines Wissens sind Standardisierungsinitiativen von Verträgen vor allem auf dem internationalen Umfeld noch nicht weit. Um nochmal auf die Standortkomponente zurückzukommen: Wenn die Standorte in verschiedenen Ländern sind, macht das das ganze nochmal komplizierter.
Wie können PPA´s und Contracts for Difference (CfDs) komplementär im Strommarkt zum Einsatz kommen, ohne sich dabei negativ zu beeinträchtigen?
Für mich sind Contracts for Difference eher ein Rückschritt, weil der Staat gewisse Risiken übernimmt. Derzeit ist das nicht notwendig, weil es genug Nachfrage nach PPAs gibt. Sollte sich diese Marktsituation verändern oder man den Ausbau anderweitig beschleunigen wollen, habe ich Zweifel, ob Contracts for Difference das richtige Instrument wären. Statt staatlich zu fördern, könnte man bürokratische Schritte weglassen. Eine administrative Entschlackung bei der Projektentwicklung oder Zulassung wäre zielführender.
Wenn ich von PPAs spreche, denke ich zunächst an Corporate PPAs, also an den industriellen Endkunden. Über CfDs könnte man aber zumindest einen zweistufigen Ansatz ermöglichen: der Erzeuger hat einen CfD, nimmt quasi ein Teil des Risikos raus und schließt dann anschließend ein PPA mit dem Endkunden ab. Ausschlaggebend wird der Risikomix auf den verschiedenen Stufen.
Von staatlicher Ebene aus würde ich sagen: so viel PPA wie möglich. Man muss dazu sagen, ein PPA deckt sehr viel ab. Eigentlich heißt es ja nur Power Purchase Agreement, also Stromabnahmevertrag. Der Terminus impliziert auch in seiner gewohnten Verwendung, dass es langfristig ist - aber am Spotmarkt eingekaufter Strom könnte eigentlich auch ein PPA sein. Eine gewisse Strukturiertheit in dem Vertrag ist eigentlich auch immer eine Hauptkomponente. Vor diesem Hintergrund könnte ich aber auch andere Komponenten in ein PPA reinschreiben. Das muss nicht zum fixen Preis sein, ich könnte es auch an den Marktpreis koppeln. Ein PPA ist eine sehr flexible Vertragsform.
Welche Hindernisse gibt es derzeit für die Entwicklung des PPA-Markts, Deutschland- und Europaweit?
Früher waren Förderungen oder Einspeisevergütungen in Deutschland zu lukrativ. Ebenso kritisch sehe ich, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen eigentlich immer wieder verändert haben, beispielsweise mit der Strompreisbremse, oder Übergewinnabschöpfungen, die an Durchschnittswerten an der Börse festgemacht werden und nicht an dem eigentlichen PPA. Also, ich will einen neuen Vertrag über zehn Jahre abschließen, aber in dieser ersten Phase habe ich einen sehr hohen Strompreis, rechne aber damit, dass der irgendwann mal runtergeht. Eigentlich biete ich meinem Kunden einen relativ niedrigen Strompreis an. Erstmal musste ich aber trotzdem, weil der börsliche Strompreis hoch ist, zu Anfang diese Übergewinnabgabe bezahlen.
Subventionen wie der Brückenstrompreis machen es ebenso schwieriger für PPAs. Wenn ich immer wieder an diesem System drehe und keine konstanten Rahmenbedingungen habe, überlegt sich das Industrieunternehmen: Warum soll ich mich zu einem Preis festlegen, wenn ich dann vielleicht in Zukunft auch Subventionen bekomme? Ständige staatliche Eingriffe, keine konstanten Rahmenbedingungen: damit tun sich Investoren allgemein schwer.
Welche Gründe führen bei Unternehmen dazu, sich für oder gegen den Abschluss eines PPA´s zu entscheiden?
Es gibt verschiedene Arten und Weisen, Dekarbonisierung durchzuführen. Also, das erste wäre, Zertifikate einzukaufen. Das kann ich in der Kommunikation auch wunderbar verwenden. Aber theoretisch ist Dekarbonisierung mit grünen PPAs auch ein Thema, was man noch besser an Endkunden kommunizieren kann. Ein Grund dagegen wäre aus Unternehmenssicht natürlich, wenn man es das erste Mal macht, dieses unglaubliche Vertragswerk, mit dem sich Energieeinkäufer häufig nicht so recht auseinandergesetzt haben.
Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise mit stark gestiegenen Strompreisen haben dafür gesorgt, dass das Thema auf Unternehmensseite mehr Aufmerksamkeit erfahren hat. Durch Preisschwankungen an der Börse sowie staatliche Eingriffe weist der Abschluss eines PPAs natürlich Risiken auf, den Strom später nicht günstiger beziehen zu können. Es ist ein bisschen Zockermentalität mit dabei, wie man sich diesem Thema stellt und welche Komponenten sein eigener Energiemix enthält, um das Risiko zu minimieren. In den USA beispielsweise haben ganze Branchen wie Tech- oder Telekommunikationsfirmen PPAs unterzeichnet. Dann ist das Risiko auch nicht so groß, wenn die meisten Konkurrenten auch abgeschlossen haben.
Wie können die Finanzierungsrisiken von PPAs, also beispielsweise der Ausfall des Abnehmers, minimiert werden?
In Frankreich beispielsweise gibt es dafür jetzt einen Fonds. Jeder, der ein PPA abschließt, zahlt etwas ein, und wenn dann der Vertragspartner ausfallen würde und quasi nicht mehr zahlt für das PPA und der Marktpreis zu dem Zeitpunkt dann unter den abgeschlossenen PPA-Preis gefallen ist, dann hat man ein Anrecht, aus diesem Fond Geld zu erhalten. Der Staat fördert das Ganze. Man könnte natürlich auch sagen, es ist eine normale Versicherungsaufgabe. Wenn das Produkt liquide genug ist, ist es eigentlich auch versicherbar.