Stromgestehungskosten: Warum PV-Anlagen mit Batteriespeicher immer wirtschaftlicher werden

Experteninterview – 11. November 2024

Wie Unternehmen und Privathaushalte von sinkenden Stromgestehungskosten profitieren können, erklärt Dr. Christoph Kost, Head of Group Energy Systems and Energy Economics am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, im Interview.

Herr Dr. Kost ist Erstautor der Studie „Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien in Deutschland“, die in diesem Jahr mit neuen Ergebnissen veröffentlicht wurde. Die Studie liefert einen aktuellen Kostenvergleich für die Umwandlung unterschiedlicher Energieformen in elektrischen Strom sowie eine Prognose für die weitere Kostenentwicklung bis zum Jahr 2045.

Interview mit Dr. Christoph Kost, Head of Group Energy Systems and Energy Economics am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Welche Anlage macht für große Unternehmen und KMUs am meisten Sinn, wenn man die Stromgestehungskosten betrachtet? Welche Anschaffung oder welche Art von Strombezug lohnt sich für wen?

Unternehmen sollten generell die Nutzung von PV-Anlagen prüfen, wobei diese zwei zentralen Faktoren sehr wichtig für die Anlagenkonzeption sind: die verfügbare Dach- und Nutzfläche sowie der Strombedarf. Für eine optimale Versorgung sollte nicht nur der jährliche Strombedarf, sondern auch das Verbrauchsprofil berücksichtigt werden, um zu ermitteln, wie viel Strom selbst genutzt und wie viel ins Netz eingespeist werden kann. Grundsätzlich ist es häufig wirtschaftlicher, möglichst viel Strom selbst zu nutzen.

Sollte ein Batteriespeicher eingebunden werden, hängt die Größe des Speichers vom Strombedarf und dessen zukünftiger Entwicklung ab, zum Beispiel durch mehr Elektromobilität in Unternehmen oder die Elektrifizierung von Prozessen.

Wie sieht es bei privaten Anwendern aus?

Ich empfehle bei Privathaushalten möglichst das gesamte Dach mit PV-Modulen zu belegen. Der Strombedarf wird im privaten Bereich ebenfalls durch Elektromobilität und elektrische Heizsysteme steigen. Daher lohnt es sich, gleich eine leistungsstärkere Anlage, etwa 10 bis 12 kWp bei Einfamilienhäusern, zu installieren.

Bevor über die Größe des Batteriespeichers nachgedacht wird, sollte zunächst die größtmögliche PV-Anlage installiert werden, um damit den Eigenbedarf möglichst zu decken. Ich halte zumindest einen kleinen Speicher mit 6 kWh für sinnvoll. In Gebäuden mit hoher Stromnachfrage durch Verbraucher wie Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge lohnt sich oft ein größerer Speicher mit 10 oder 15 kWh.

Wie stellt sich die Anschaffung eines Batteriespeichers in Verbindung mit einer PV-Dachanlagen gegenüber einer Nutzung mit einer PV-Freiflächenanlage im industriellen Bereich dar?

Zunächst muss man die Segmente von PV-Dachanlagen und PV-Freiflächenanlagen voneinander getrennt betrachten. Denn selbst im industriellen Bereich gibt es häufig keine Flächen, die auf den Werksgeländen in dem Umfang zur Verfügung stehen, dass sie für größere PV-Freiflächen nutzbar wären.

Im industriellen Bereich hängt die Entscheidung stärker vom Stromverbrauch und den Lastspitzen ab. Hier kann ein Batteriespeicher helfen, Lastspitzen zu glätten und dadurch Netzentgelte zu senken. Diese Investition muss allerdings genau auf das Lastprofil und den Strombedarf abgestimmt werden, da sie komplexer und kostspieliger ist.

PV-Freiflächenanlagen speisen in der Regel den gesamten erzeugten Strom ins Netz ein. In bestimmten Fällen können aber auch Freiflächenanlagen über Direktleitungen direkt Betriebe versorgen und so deren Strombedarf teilweise decken. Da die Strompreise zur Mittagszeit niedrig sind, ist es sinnvoll, Batteriespeicher im Anlagenkonzept zu integrieren, um den Strom dann zu verkaufen, wenn die Preise höher liegen oder im Betrieb weiterer Strombedarf vorhanden ist. Gerade bei großen Anlagen lohnt es sich, die Speicherkapazität für eine Entladezeit von mindestens zwei Stunden einzuplanen.

Welche auffallenden Veränderungen in Ihren Ergebnissen konnten Sie seit Studienbeginn im Jahr 2010 bei den Stromgestehungskosten erkennen?

In unseren Analysen haben wir schon 2010 berechnet, dass die Stromgestehungskosten für PV und Wind in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren stark sinken werden, das hat sich weitgehend bestätigt. Zudem haben wir im Laufe der Zeit weitere Technologien wie Batteriespeicher in unsere Analysen aufgenommen. In unserer aktuellen Studienveröffentlichung berücksichtigen wir weitere Technologien wie Wasserstoffgasturbinen, die in den nächsten zehn bis 15 Jahren eine größere Rolle im Kraftwerkspark von Deutschland spielen dürften.
In der Vergangenheit haben wir die Entwicklung von Energieträger- und CO2-Preisen anders eingeschätzt, was darauf zurückzuführen ist, dass vor etwa zehn Jahren noch nicht vereinbart war, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein möchte. Deshalb haben wir unsere Parameter im Laufe der Jahre entsprechend den energiepolitischen Entwicklungen sukzessive aktualisiert und angepasst.

Warum sinken die Stromgestehungskosten für PV-Anlagen in Ihrer Studie in den nächsten 20 Jahren nur moderat, auch in Kombination mit Batteriespeichern? Werden die Anlagen nicht weiter optimiert, um kosteneffizienter zu werden?

Die Stromgestehungskosten für PV-Anlagen werden in unserer Prognose um etwa 20 bis 25 Prozent sinken, was im beigefügten Schaubild (siehe Abbildung) möglicherweise nicht ganz deutlich wird. Wenn der Wirkungsgrad der Module weiter steigt und die Kosten von 0,05 Euro auf etwa 0,04 Euro pro kWh fallen, entspricht das einer Reduktion von rund 20 Prozent. Dieses Gefälle ist auf künftig niedrigere Produktionskosten und Effizienzsteigerungen der Systeme zurückzuführen, so dass die Anlagenpreise unter den aktuellen Marktpreisen liegen werden.

Warum liegt die Kostenspanne für Wasserstoffkraftwerke (siehe Abb. GUD-H2) ab 2035 bei etwa 20 bis 52 Cent/kWh, während sie im Jahr 2025 noch bei 26 bis 37 Cent/kWh liegt? Man würde eher erwarten, dass die Kosten sinken, anstatt steigen.

Abb. GUD-H2

Im beigefügten Schaubild sinkt der untere Wert des magentafarbenen Balkens im Jahr 2035 und der obere Wert steigt an. Diese Entwicklung wirkt überraschend, und das liegt an einer Tatsache, die in der Darstellung nicht ganz deutlich wird. Die Anlagen, die zwischen 2025 und 2030 entstehen, werden zunächst mit günstigerem Erdgas betrieben, da Wasserstoff noch nicht verfügbar sein wird. Sobald die Verfügbarkeit von Wasserstoff ab 2030/2035 steigt, werden diese Anlagen umgerüstet und ausschließlich mit Wasserstoff betrieben. Neue Kraftwerke ab 2035 werden nur noch mit Wasserstoff betrieben. Sie haben folglich keine Phase, in der sie noch mit dem etwas günstigeren Erdgas betrieben werden.

Ihre Studie zeigt deutlich, dass die Anwendung von PV-Anlagen zusammen mit Batteriespeicher am günstigsten ist – warum investiert jetzt nicht die gesamte Energiewirtschaft in diese Kraftwerke?

Tatsächlich wird bereits sehr viel in PV-Anlagen und Batteriespeicher investiert, und der Markt wächst schnell. Es gibt zahlreiche Batterieprojekte, die entweder unabhängig oder in Kombination mit PV-Anlagen geplant werden, insbesondere mit Freiflächenanlagen. Der Bau von flexiblen Kraftwerken ist hingegen aktuell eher gering. Damit zeigt sich, wo aktuell die Musik spielt.

Beim Windenergieausbau erwarte ich, dass der Zubau ab nächstem Jahr deutlich an Fahrt gewinnt.

Wie beurteilen Sie die Energiekosten auf europäischer Ebene?

Die Projektentwicklungskosten für Erneuerbare haben sich in den einzelnen europäischen Ländern in den letzten Jahren stark angeglichen, denn noch vor zehn bis 15 Jahren waren die Kosten für PV und Wind länderspezifisch. Insgesamt ist der Ausbau von PV-Anlagen in den letzten zwei Jahren in vielen europäischen Ländern, wie beispielsweise Polen, deutlich gestiegen.

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