Künstliche Intelligenz bietet enorme Potenziale für die Solarindustrie, insbesondere im Bereich Operation & Maintenance.
Einige Unternehmen setzen KI bereits ein. Auch in Zukunft sollen neue Anwendungen auf den Markt kommen, die wiederum neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen.
Im Gespräch mit Mattia Dallapiccola, Forschungsassistent bei Eurac Research, haben wir mehr über den Einsatz von KI in der Solarindustrie erfahren.
Künstliche Intelligenz kann überall eingesetzt werden, vom Zelldesign über Fertigung, Logistik und Transport bis hin zu Betrieb und Wartung. Viele potenzielle Anwendungsmöglichkeiten finden sich im Bereich O&M, da dieser auf komplexen und großen Datenmengen basiert und dadurch kostenaufwendig ist. Man braucht ein Dashboard und aufwendige Algorithmen, die Probleme erkennen und Tickets kategorisieren. Natürlich nimmt uns die KI die Arbeit nicht komplett ab, kann sie aber deutlich erleichtern, indem sie Tickets clustert und zusammenfasst. Solche Anwendungen wird es schon bald geben und neue Geschäftsmodelle in der Solarindustrie ermöglichen.
Teilweise wird KI bereits in frühen Phasen der Zellentwicklung eingesetzt, wenn unzählige Parameter gleichzeitig optimiert werden müssen. Hier kann KI helfen, indem sie auf der Grundlage früherer Tests oder Erfahrungswerte Vorschläge und Prognosen liefert, um den Materialverbrauch und die Produktionskosten zu senken und gleichzeitig die Effizienz zu steigern. In der Zellfertigung kann auch Computer Vision eingesetzt werden, bei der die Fertigungslinie mit einer Kamera überwacht und die Bilder auf Fehler analysiert werden. Diese Anwendungen erstellen dann Berichte oder Tickets und erhöhen damit die Effizienz und Qualität.
Sie sprachen von Qualitäts- und Effizienzsteigerungen – Welche weiteren Möglichkeiten bietet KI in der Solarindustrie?
Mit KI kann jeder in der Wertschöpfungskette auf das Fachwissen und die Expertise der Solarbranche zugreifen und die Solarindustrie so revolutionieren – und genau das brauchen wir, um unsere Ausbauziele zu erreichen. Vertikale bzw. branchenspezifische KI bietet Experten die notwendigen Tools, um effizienter zu arbeiten und gleichzeitig eine hohe Qualität zu gewährleisten. Um die Ausbauziele der Solarindustrie zu erreichen, brauchen wir viele Experten, und die haben wir derzeit nicht. KI hilft uns dabei, diese Lücke zu schließen, indem sie dem Nachwuchs in der Solarindustrie Zugang zu Fachwissen und Expertise verschafft.
Wo liegen die Risiken und Grenzen der künstlichen Intelligenz in der Solarindustrie?
Das größte Problem ist die Datenverfügbarkeit. Es ist schwierig, Daten von Dritten zu erhalten, und es gibt nur wenige Anlagen, die zuverlässige Daten liefern. Ein weiteres Problem sind fehlende Standards. Es gibt kein einheitliches System, jede Anlage und jeder Betreiber speichert die Daten anders. Um ein KI-Modell zu trainieren, brauchen wir einheitliche, qualitativ hochwertige und umfangreiche Daten.
Auf viele Trainingsdaten haben wir aber keinen Zugriff oder sie wurden fehlerhaft erhoben und sind daher unzuverlässig. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Qualität der allgemeinen KI-Modelle aus und ist mitunter riskant.
Ein weiteres Risiko ist natürlich die Datenverwendung. Dateneigner müssen Daten sicher austauschen und Modelle trainieren können. Nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten, sein eigenes Modell zu trainieren. Das können nur große Unternehmen. Allerdings sind diese sehr wahrscheinlich nicht bereit, ihre Modelle mit Wettbewerbern zu teilen. Die Entwicklung von KI in der Solarindustrie braucht daher auf Vertrauen und der Bereitschaft zum Datenaustausch, mit dem gemeinsamen Ziel, die Qualität und Effizienz in der gesamten Branche zu verbessern.
Genaue Aussagen dazu sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da die KI in der Solarindustrie noch in den Kinderschuhen steckt. Aber nehmen wir den Bereich O&M als Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten als Wartungsmitarbeiter und müssen stundenlang auf einen Monitor starren. Die Gefahr, dabei etwas zu übersehen ist groß. Möglicherweise schauen Sie sich die Daten auch tagelang gar nicht an. Hier kommt KI ins Spiel: Mit ihrer Hilfe kann eine Person gleich mehrere Anlagen einfach und effizient bedienen.
Gleichzeitig hilft sie den Betreibern, Probleme zu erkennen, zu klassifizieren und zu lösen. Das heißt, O&M ist der erste Bereich, in dem KI sehr nützlich und voraussichtlich auch profitabel sein kann.
Künstliche Intelligenz kann aber in fast jedem Schritt entlang der Wertschöpfungskette eingesetzt werden. Oder anders gesagt: Die Lösung ist da, jetzt müssen wir nur das richtige Problem dafür finden. Viele Unternehmen werden im Solarbereich in KI investieren – in drei Jahren wissen wir dann, für welche Anwendungen sich KI wirklich lohnt.
Wie können Solarinstallateure von KI profitieren? Und was ist mit Betreibern von Solaranlagen auf Wohngebäuden?
Wir haben sowohl für Betreiber von Solaranlagen auf Wohngebäuden, die keine Erfahrung mit Solarmanagement haben, als auch für Installateure einen KI-Chatbot entwickelt. Mit ihm kann der Nutzer per Text- oder Sprachnachricht interagieren, ohne ein komplexes Dashboard verstehen oder zusätzliche Software installieren zu müssen. Er muss nichts weiter tun, als den Chatbot zu fragen, wie es mit seiner Anlage läuft. Wir erhalten die Daten, analysieren sie und liefern die entsprechenden Ergebnisse. Genauso kann auch ein Solarinstallateur auf das System zugreifen und dann seinen Kunden unterstützen.
Viele Anlagen haben zwar eine Überwachungssoftware oder -plattform, manche Installateure und Anlagenbesitzer sehen sich die Daten aber nicht wirklich an. Folglich bieten Solarinstallateure ihren Kunden nicht die bestmögliche Unterstützung bei der Wartung und es kann manchmal Wochen oder Monate dauern, bis ein Problem erkannt wird. Das heißt, KI steigert auch die Effizienz der Installateure.
Angenommen, Sie haben 100 Anlagen. Dank einer KI wissen Sie, dass zehn dieser Anlagen bereits seit zehn Jahren in Betrieb sind. Eine davon läuft schlechter als die anderen. Die KI kann dann mögliche Probleme aufzeigen und Lösungen vorschlagen. Oder sie kann Sie darüber informieren, dass bestimmte Komponenten nicht richtig funktionieren und es sinnvoll wäre, diese zu beschaffen um dem Kunden schnell einen Ersatz bieten zu können, wenn das Problem auftritt – oder sogar schon bevor es auftritt.
Das sind nur einige Beispiele dafür, wie KI in der Solarindustrie eingesetzt werden kann, um die Qualität von Supportdienstleistungen zu verbessern und gleichzeitig die Effizienz zu steigern.