In den vergangenen Jahren gab es auf der Intersolar gerade bei den Solarmodulen viele Innovationen. Wie kommt das?
Viele der Zellkonzepte befinden sich seit langem in der Entwicklung und hätten bereits sehr viel früher in den Markt eingeführt werden können. Allerdings verhinderte das lange Zeit die Dominanz der kostengünstigen multikristallinen Siliziummodule mit Aluminium-Rückseite. 2016 hat der Hersteller LONGi kostengünstige monokristalline Wafer und Module auf den Markt gebracht und damit den multikristallinen Wafern buchstäblich den Kampf angesagt. Seit dieser Zeit kommen immer mehr komplexere und hocheffiziente PV-Module auf den Markt, die die solaren Stromgestehungskosten in den nächsten Jahren noch deutlich reduzieren können, allen voran durch bifaziale Module.
Immer mehr Hersteller haben bifaziale Module im Sortiment. Also Module, die sowohl mit der Vorder- als auch eine mit der Rückseite Strom erzeugen. Welchen Marktanteil haben die derzeit – und was erwarten Sie zukünftig?
Bis 2019 waren rund 5 GW bifaziale PV-Systeme weltweit installiert. Das entspricht weniger als einem Prozent von den installierten 600 GW. Der Anteil wird sich aber 2020 deutlich erhöhen. Wir gehen von zusätzlichen Installationen von mehr al 15 GW aus, das Gros davon wird in den USA gebaut, weil es derzeit noch eine Zollbefreiung für diese Module gibt. Das wird in etwa 10% des jährlichen Zubaus entsprechen. Wir erwarten bis 2025 einen jährlichen Marktanteil von 40 bis 50%, da gerade große PV-Systeme mit 500 GW und mehr in Wüsten mit bifazialen Modulen gebaut werden.
Welchen Mehrertrag können bifaziale Module generieren?
Das ist eine komplexe Frage, denn der bifaziale Gewinn hängt an mindesten vier Faktoren: Er hängt vom geographischen Ort mit der entsprechenden diffusen Strahlung ab, dem sogenannten Bifazialitätsfaktor des Moduls (50-95%), dem Albedo, also der Reflektion vom Boden und davon abhängige Lichteinstrahlung auf die Modul-Rückseite, und von den Installationsbedingungen ab. Man kann bifaziale Gewinne von 20% erreichen, aber letztendlich stellt sich am Ende die Frage, wie hoch sind die Stromgestehungskosten. Die Effizienz des Moduls, also die Kosten pro Kilowattstunde, wird immer wichtiger als die reinen Modulkosten, also die Kosten pro Watt.
Wo werden zweiseitig stromende Module eingesetzt?
Heutzutage werden bifaziale Module mit einachsigem Trackersystem meistens in Wüstengebieten eingesetzt. Also, in Südamerika, den USA und der MENA-Region. Diese Systeme haben im Vergleich zu einseitig stromenden und fest installierten Systemen einen Gewinn von etwa 30%. Mit einem einachsigen Tracker können 20% Mehrertrag generiert werden und der zusätzliche Albedo-Effekt kann einen zusätzlichen bifazialen Gewinn von rund 10% generieren.
Aber auch in Deutschland können bifaziale Module ertragssteigernd eingesetzt werden, z.B. auf Flachdächern und Carports, bei BIPV und in vertikalen Anwendungen wie der Agro-PV oder bei Geräuschschutzwänden entlang der Autobahnen. Die Gewinne variieren hier zwischen 5 bis 25% und müssen von Fall zu Fall berechnet werden.
Welche Vor- und Nachteile bringt das für die Investoren?
Die Vorteile sind natürlich die möglichen geringen Stromgestehungskosten, die man mit PV generieren kann. Dadurch, dass die meisten bifazialen Module aus Doppelglasmodulen bestehen, erhöht sich auch die Langlebigkeit der Module in Projekten. Der Nachteil: Aufgrund der Komplexität des Themas und der plakativen Aussagen herrscht eine große Unsicherheit. Mit unseren bifazialen Workshops sorgen wir hier für Aufklärung.
Was erwartet die Besucher ihres bifazialen Workshops?
Wir stellen den aktuellen Stand der Technik und Wirtschaftlichkeit vor und wir geben eine Zusammenfassung, welche Module es auf dem Markt gibt. Es ist wichtig zu verstehen, von welchen Faktoren der zusätzliche Ertrag abhängt und wie man diesen in verschiedenen Anwendungen optimiert. Zudem haben wir zwei bis drei Energieerzeuger eingeladen, die bereits bifaziale Module in ihren Installationen verwenden und die über ihre Erfahrungen berichten. Die Firmen Next2sun, Solitek und PVEL haben bereits zugesagt.
Welche weiteren Neuerungen sehen Sie für die Intersolar in München?
Die wichtigsten Trends liegen für mich im Speicherbereich. Das ist noch das letzte Puzzlestück, um die Photovoltaik auch für Privathaushalte komplett nachhaltig auf den Markt zu bringen. Dass wir in großen PV-Systemen in Deutschland Stromgestehungskosten von unter 4 Cent/kWh und weltweit unter 2 Cent/kWh erreichen können, ist bei fast allen angekommen. Damit sind wir aber noch längst nicht am Ende. In 2 bis 3 Jahren werden wir Gestehungskosten von unter 1 Cent/kWh sehen. Jetzt müssen noch die Batterie- und die Wasserstoffspeicher günstiger werden.