Das PV-Symposium bringt jedes Jahr die wichtigsten Vertreter der Solarbranche zusammen, die dort aktuelle Entwicklungen und Trends vorstellen und diskutieren und einen Überblick zum jüngsten Forschungsstand in der Photovoltaik geben. Die diesjährige Veranstaltung war geprägt von der derzeit positiven Bewegung am Markt.
Im Interview mit dem Fachlichen Leiter des PV-Symposiums 2022, Prof. Dr. Andreas Bett vom Fraunhofer Institut für Solar Energiesysteme ISE, ergründen wir was in der PV in den nächsten Jahren relevant wird und wo die Hindernisse für den Solarausbau liegen.
Wo sehen sie die Schwerpunkte der diesjährigen Veranstaltung PV-Symposium, was sind die neuesten Trends und Entwicklungen auf dem PV-Markt spezifisch in Deutschland?
Prof. Dr. Andreas Bett: Ich denke, man kann jetzt schon zusammenfassen, dass wir gerade in einer Zeit sind, auch durch die Rahmenbedingungen gegeben, durch die neue Bundesregierung einerseits, aber auch durch den Ukrainekrieg, dass das Interesse und die Notwendigkeit für den weiteren Ausbau noch mal ganz stark angeschoben wurde, in Deutschland und auch in Österreich und in der Schweiz, sodass Nachfrage herrscht und ein großes Interesse, was die PV-Technologie macht. Das ist glaube ich schon mal das Erste und Wichtigste.
Das eine ganz andere Stimmung hier herrscht und natürlich erstmal nach Corona-Zeiten auch wichtig zu betonen das persönliche Zusammentreffen, das Netzwerken wieder eine extrem positive Wirkung enthält, dass man sich austauschen kann. Insofern nehme ich eine gute, positive Stimmung wahr, wie sie ja eigentlich schon längere Zeit in der PV-Branche nicht mehr war. Aber auch die großen Herausforderungen, die es natürlich gibt, nämlich jetzt auch die Marktnachfrage wirklich zu befriedigen an der Stelle.
Wo sehen Sie technologische Trends und Anwendungen, die sich jetzt hier auf der Veranstaltung noch mal besonders herauskristallisiert haben?
Prof. Dr. Andreas Bett: Ich denke, wir haben in der Veranstaltung vom Programm her versucht, ein paar Schwerpunkte einzufangen, eben die Herausforderungen, die jetzt durch die erhöhte Nachfrage und das Wachstum an die Branche gestellt warden. Zum Beispiel, dass dann Komponenten zur Verfügung stehen und wie die Komponenten zur Verfügung gestellt werden können. Das ist eine wichtige Frage.
In der Summe habe ich noch mal wahrgenommen, dass die Teilnehmer hier doch sehr positiv sind, dass sie die Probleme, die es aber geben wird, auch lösen können. Ich glaube, das ist eine sehr positive Nachricht und man freut sich auf das Wachstum und den stabileren Markt. Dennoch bleiben Herausforderungen. Die Ressource Personal sozusagen und Know how, wie man es installiert. Aber wie gesagt, auch Komponenten. Und im größeren Rahmen haben wir ja hier auch diskutiert, wie man die europäische Fertigung wieder in Gang setzen kann und dass dafür auch ein Bedarf gesehen wird an der Stelle.
Wir haben noch ein paar andere Schwerpunkte neu gehabt, wo wir auch sehr intensiv noch mal diskutiert haben. Das sind dann auch die Themen in der Stadt: Wie bringt man PV ins Quartier? Was sind die Probleme dazu, wenn es dezentral ist? Wie bringe ich es ins Netz rein und wie mache ich lokale Verwertung von dem erzeugten PV-Strom, auch in Kombination mit grünen Dächern und der Thematik, was ich immer sehr spannend fand, tatsächlich zu beleuchten. Was bedeutet PV in der Stadt, weil es da durchaus offene Fragen gibt und ich glaube, da hat die Konferenz auch nochmal sehr gut zur Klärung beigetragen, dass PV in der Stadt natürlich positiv ist und eben nicht zu einer Erwärmung in der Stadt beiträgt, sondern im Gegenteil positiv genutzt wird.
Dann haben wir natürlich weitere Standardthemen. Die Qualitätssicherung. Das ist ja traditionell im PV-Symposium schon immer vertreten gewesen. Ich denke es wurde auch nochmal in der Konferenz klar, wie wichtig das für uns ist, für die Community und gerade dann, wenn auch eine Wachstumsphase ist, dass man dann insbesondere auf Qualitätssicherung achten muss. Denn wenn natürlich eine große Nachfrage ist und alles sehr schnell gehen muss, leidet manchmal die Qualität. Und da ist, glaube ich, eine große Sensibilität in der Community, was ich als positiv erachte, weil wir wirklich hohe Qualitätsstandards brauchen.
Wo sehen Sie jetzt die größten Herausforderungen für das Wachstum von Photovoltaik in Deutschland für die nächsten Jahre?
Prof. Dr. Andreas Bett: Ich denke, die Herausforderungen sind jetzt erstmal, dass wir tatsächlich genügend Personal haben und dass wir schnell genug die Anfragen bedienen können. Was man auch hier hört, dass teilweise die Wartezeiten bis dann die insbesondere Prosumer-Anlagen auch realisiert werden können doch über Monate hinweg gehen. Das mag bei dem einen oder anderen dann auch eine Enttäuschung hervorrufen, aber das wird wahrscheinlich die Realität sein und es werden eher noch mehr Nachfragen kommen, weil wir eben ein größeres Marktwachstum haben.
Und da ist der Nachschub und die Logistik, die ganzen Ketten zu organisieren, das geht Hand in Hand. Es geht ja nicht nur um Module, es geht dann auch um passende Wechselrichter. Beim Prosumer häufig auch schon um Batteriespeicher. Das alles logistisch zu koordinieren ist sicherlich eine Herausforderung. Aber wie gesagt, der Optimismus der Teilnehmer hier, dass das auch gut zu bewerkstelligen ist, ist schon gegeben.
Noch einmal Wert zu benennen ist das Thema integrierte Photovoltaik, was ja durchaus auch ein Schwerpunkt ist, insbesondere Building Integrated Photovoltaik. Auch da eher positive, optimistische Stimmung. Ich glaube, wir könnten in der Umsetzung noch ein bisschen schneller sein, aber dafür muss sich der regulatorische Rahmen eben auch noch mal verändern, dass das schneller in den Markt kommen kann oder einfacher, sagen wir mal so, mit weniger regulatorischen Hürden. Aber auch da ist guter Fortschritt zu sehen.
Das heißt, Sie sind momentan zuversichtlich, was die Veränderungen im regulatorischen Rahmen angeht, die politischen Rahmenbedingungen?
Prof. Dr. Andreas Bett: Ich habe zumindest die Hoffnung, dass es erkannt wurde und dass daran gearbeitet wird. Ich hätte mir gewünscht, dass das alles vielleicht schon ein bisschen schneller gehen kann. Aber ich glaube, man braucht Geduld. Wichtig ist, dass es auch anerkannt wird auf den vielen Ebenen, dass wir regulatorische Hemmnisse haben und dass die angegangen werden müssen. Und dann ist die Komplexität, die zu beseitigen, durchaus vielfältig. Aber das muss die Politik einfach leisten, dass wir schneller vorankommen können und dass die Hürden geringer werden. Da bin ich aber vorsichtig optimistisch, dass wie gesagt, die Politik das zumindest jetzt angehen will.
Die Intersolar Europe ist jetzt seit circa einem Monat vorbei, nun das PV-Symposium. Mich würde interessieren, wo Sie die größten Unterschiede sehen an dem, was gerade auf dem europäischen Markt los ist zu dem, was gerade für Deutschland relevant ist.
Prof. Dr. Andreas Bett: Wir können erst mal sehen, die Intersolar ist ja mehr eine Verbrauchsmesse, während das PV-Symposium ja stark wissenschaftlich orientiert ist. Natürlich hängt das miteinander zusammen an der Stelle, wenn wir über die Bedarfe gerade gesprochen haben, über Komponenten und die ganzen Themen. Weltweit ist der Trend auch noch mal zu sehen, wenn man es über Deutschland oder unseren Fachbereich rausgehen, also Deutschland, Österreich und die Schweiz, sehen wir ja ganz Europa mit dem Green Deal, dass der Nachfrage bedarf oder die Umstellung unseres Energiesystems in ganz Europa vorangetrieben wird.
Das heißt, da wird die Nachfrage insgesamt hoch gehen und ich bin der festen Überzeugung, dass wir deswegen auch das Thema, was die Lieferketten betrifft, beispielsweise auf europäischer Ebene angehen sollten und viel von der regulatorischen auch auf europäischer Ebene passieren sollte, so dass Thema Normen und Anschlüsse auch in Sachen BiPV.
Da ist es ja selbst in Deutschland schon regional unterschiedlich. Das müssen wir harmonisieren, das sind genau die Hindernisse. Und es soll nicht nur in Deutschland oder in der DACH-Region sein, sondern in Europa. Das heißt, da ist schon Europa gefragt, sehe ich aber auch die Entwicklung, weil es muss eben in Europa vorangehen mit der Energiewende.
Weltweit sehen wir natürlich auch einen Bedarf an Photovoltaik. Wir sehen, dass in Indien sehr viel Aktivitäten, auch Richtung Produktion gerade starten, dass die indische Regierung auch Rahmenbedingungen dafür schafft, dass der Heimatmarkt stark wachsen wird, aber damit eben auch die Produktion. Und auch China selbst hat angekündigt, dass sie im nächsten Jahr deutlich mehr zubauen wollen. Das heißt, überall wird weltweit Zubau von Photovoltaik passieren, was uns natürlich auch wieder in Konkurrenz bringt um die Ressourcen, in dem Fall dann wieder um Module, Komponenten, all die Themen und sich dann die Frage stellt: Wer kann die schnell genug liefern? Also insofern ist das weltweit ein Trend, wo wir sehen, auch in USA passiert genau dasselbe. Wir sind sicher getrieben durch die ganzen Klimaveränderungen, die wir ja auch gerade täglich erleben.
Was ziehen Sie jetzt als Resümee von der Veranstaltung?
Prof. Dr. Andreas Bett: Erstens mal sehr gut, dass wir uns getroffen haben, dass wir uns austauschen können. Wir sehen, dass wir eine lebendige Forschungsumgebung hier in unserer Region haben, die Innovation voranbringt, die anwendungsorientiert ist. Das ist, glaube ich, das, was wir jetzt brauchen und die mit großer Freude und großem Enthusiasmus genau die Herausforderungen angeht, die wir sehen. Da ist ein hohes Engagement der Leute, was voranzubringen. Insofern kann man aus der Konferenz heraus von der wissenschaftlichen Seite mit viel Optimismus in die Zukunft schauen.