„Wir bringen die Sektorenkopplung im Gebäude voran“

Experteninterview – 25. April 2024

Heinz Lux ist CEO der KNX Association in Brüssel.

Intelligente Gebäude, Energiemanagement, Interoperabilität – all das sind Stichworte, die im Zusammenhang mit der Energiewende häufig fallen. Aber was steckt eigentlich dahinter, wenn z.B. die Heizung automatisch pausiert, solange ein Fenster geöffnet ist? Darüber sprechen wir mit Heinz Lux, CEO der KNX Association in Brüssel.

Die KNX Association ist der internationale Zusammenschluss von mehr als 500 Unternehmen aus 49 Ländern, die sich auf KNX als einheitliche und herstellerunabhängige Kommunikation für die Haus- und Gebäudetechnik verständigt haben. Alle namhaften Hersteller von Gebäudetechnik sind heute dabei. Anfangs war KNX für große Gebäude konzipiert, später wurden auch Wohnhäuser ausgestattet. Seit sich Gebäude vom Konsumenten zum gleichzeitigen Stromerzeuger wandeln, spielt neben dem Komfort und der Sicherheit immer mehr das Energiemanagement eine zentrale Rolle.

Interview mit Heinz Lux, CEO KNX Association

Herr Lux, wofür steht die Abkürzung KNX?

Am Anfang hieß unser Verband EIBA, dann für kurze Zeit Konnex, für connexio, die Verbindung. Bald wurde kurz KNX draus. Das Kürzel steht für ein Bussystem zur Gebäudesteuerung und setzt damit gemäß ISO 14543 den weltweiten Standard für Smart Home und Smart Building. Es gibt derzeit 8.000 zertifizierte KNX-Geräte, sie machen mehr als 80 Prozent der in Europa verkauften Geräte für Heim- und Gebäudeautomation aus. Die KNX Association ist ein Verband der Hersteller.

Als dieser im Jahr 1990 gegründet wurde, war vom Smart Home aber noch nicht die Rede. Wie sahen die Anfänge aus?

Am Anfang ging es um die Verbindung von Sensoren und Aktoren in der Industrie, in Bürogebäuden und anderen Zweckbauten. Doch schon Mitte der 1990er Jahre wurden auch die ersten Wohnhäuser mit KNX ausgestattet. Heute ist KNX in 185 Ländern weltweit etabliert und laut aktueller Umfrage derzeit in jedem zweiten Smarten Haus und in mehr als 80 Prozent der Bürobauten in Deutschland verbaut.

Was genau kann KNX, nennen Sie doch mal ein paar Beispiele...

KNX ermöglicht die dezentrale, intelligente Steuerung von Beleuchtung, Rollläden, Anwendungen im Bereich Heizung, Lüftung, Klimatechnik, PV, Speicher, Wallbox und überhaupt alles, was mit Energiemanagement zu tun hat. KNX bringt damit die Sektorenkopplung in der Gebäudeautomation voran: Wärme, Elektrizität und Mobilität werden zusammen automatisch gemanagt.

Was ist der Vorteil gegenüber anderen Lösungen?

KNX ist herstellerunabhängig und hat keine zentrale Einheit, wie andere Systeme. Der Gebäudenutzer kann aus einem breiten Sortiment von verschiedenen Herstellern das entsprechende optimale Produkt aussuchen und einsetzen. KNX verbindet alles. Das System wird von jedem Elektroinstallateur wahlweise als leitungsgebundene Lösung, als Funklösung oder als IP-Lösung angeboten.

Und das kommt der Energiewende zugute?

Ja, man kann mit Systemen auf der Basis von KNX zum Beispiel auch den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom unterstützen und Verbräuche anhand der Energiemärkte optimieren. Je mehr Komponenten in das System eingebunden sind, umso wichtiger wird die kluge KNX Steuerung. Wenn man zum Beispiel eine PV-Anlage auf dem Dach hat, eine Hausbatterie, Ladestationen, eine Wärmepumpe und flexibel einsetzbare Haushaltsgeräte, lässt sich das System erheblich optimieren. Zumal auch relevante Daten von außen in die Prozesse einfließen können. Zum Beispiel können zeitvariable Stromtarife, die sich am Spotmarkt der Strombörse orientieren, mit berücksichtigt werden bei der Steuerung von Verbrauch und Speicherung. Oder die Wetterprognose fließt mit ein: Wenn absehbar ist, dass die Solaranlage am Tag gute Erträge liefert, kann der Heimspeicher bedenkenlos geleert werden. Teure Stromzukäufe von externen Energieversorgern werden dadurch deutlich reduziert.

Angebotsabhängige Verlagerungen von Verbräuchen sind ein Weg der Energiewende, Einsparungen ein anderer. Was kann KNX dazu beitragen?

Auch Energieeinsparungen werden realisiert. Das einfachste Beispiel ist ein Sensor am Fenster, der Rückmeldung an den Heizungsthermostat gibt und diesen abschaltet, so lange das Fenster geöffnet ist. KNX-basiertes Energiemanagement bewährt sich in realen Projekten mit Energieeinsparungen von bis zu 60 Prozent. Bereits seit zehn Jahren ist ein breites Portfolio von KNX-Geräten für Home Energy Management Systeme (HEMS) auf dem Markt verfügbar. Viele KNX-kompatible HEMS bieten ihren Anwendern eine umfassende Visualisierung aller relevanten Daten und somit einen stets aktuellen Überblick über die Energiebilanz im Smart Home sowie die Möglichkeit, eigene Anpassungen am Energiemanagement vorzunehmen. Weil das Interesse in diesem Sektor steigt, wurden in letzter Zeit zahlreiche neue KNX-Lösungen und KNX-Geräte eingeführt.

Ist das nur etwas für das Einfamilienhaus, oder auch für größere Wohnobjekte?

Natürlich ist das auch was für Häuser mit vielen Wohnungen. Zum Beispiel lassen sich Mieterstrommodelle damit optimieren und abrechnen. Kombiniert mit bereits existierenden Anwendungen, wie intelligenten Zählern und Zeitschaltuhren bietet KNX die Möglichkeit, alle möglichen Energiemanagement-Anwendungen in das „KNX-Ökosystem“ zu integrieren. Man kann alles einbinden, was es zu messen und steuern gibt, zum Beispiel können auch die Wasseruhren in Mehrfamilienhäusern an die KNX-Struktur angebunden werden.

Wie weit ist KNX international verbreitet?

KNX ist derzeit der Marktführer im Bereich Gebäudeautomation und hier insbesondere beim Energiemanagement in ganz Europa, wo wir 60 Prozent der Gebäude abdecken. In Asien haben wir auch schon hohe Anteile, insbesondere in China mit fast 50 Prozent der Gebäude. In Indien kommen wir sogar auf 70 Prozent, ähnlich in Südamerika, in Japan, USA und Australien. Der Bestand von Millionen an Gebäuden weltweit kann damit sehr einfach an die Anforderungen des Energiemanagements angepasst werden. Ursprünglich als Europäischer Installationsbus (EIB) gestartet, wurde das einst in Deutschland entwickelte System zum weltweiten Standard.

Spielt das große Thema Künstliche Intelligenz im Zusammenhang mit der Gebäudekommunikation auch eine Rolle?

Ja klar, es gibt heute selbstlernende KNX Module, die Gewohnheiten der Nutzer erkennen und diese in ihren Algorithmen für das Energiemanagement berücksichtigen. KNX ist ja ein offenes System, das aus unterschiedlichsten Modulen aufgebaut ist. Man kann mit einigen wenigen KNX Geräten starten und das System dann fast beliebig erweitern. Die Inbetriebnahme-Software dazu ist als Online Trainings-Tool (eCampus) verfügbar, so dass jeder Programmierer sein System individuell anpassen und ergänzen kann – auch das ist ein Vorteil gegenüber den proprietären Lösungen einzelner Firmen.

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