Der Netzausbau scheint in vielen europäischen Ländern ein ebenso wichtiges Thema zu sein wie der Ausbau der solaren Stromerzeugung. Abregelung, also die kontrollierte Abschaltung verfügbarer Kraftwerke, ist mit erheblichen finanziellen Einbußen und dem Verlust großer Strommengen verbunden. Das Potenzial von Solaranlagen kann nicht vollständig ausgeschöpft werden, weil Netzanschlusspunkte fehlen.
Auf der EU PVSEC 2023, die im September 2023 in Lissabon stattfand, sprachen wir mit José Donoso, Generaldirektor des spanischen Solarverbandes UNEF, über Mängel im Netz und deren Auswirkungen auf die Entwicklung des Solarmarktes in Spanien.
Nein. Der Ausbau der Solarbranche in Spanien steht vor großen Herausforderungen. Die erste Herausforderung betrifft die Verwaltung. Wir haben Photovoltaik-Projekte mit einer Gesamtkapazität von 38 Gigawatt (GW), die bereits eine Umweltgenehmigung haben, die jedoch innerhalb von zwei Jahren realisiert werden müssen. Das ist viel zu kurz. Die Frist sollte um zwei Jahre verlängert werden. Wenn es keine Verlängerung gibt, werden viele Projekte wahrscheinlich ihren Anschlusspunkt verlieren und können dann nicht realisiert werden. Das würde bedeuten, dass sowohl die Unternehmen als auch die Behörden viel Aufwand umsonst betrieben hätten und der ökologische Wandel mehrere Jahre verloren hätte.
Zweitens: Gesellschaftliche Akzeptanz. Das ist ein Riesenproblem, da wir auf die Unterstützung durch die Öffentlichkeit angewiesen sind. Wenn wir die Unterstützung der Öffentlichkeit verlieren, verlieren wir auch die der Politik.
Drittens: Speicher. Speicher und Wasserstoff tragen dazu bei, eine Kannibalisierung der Marktpreise zu verhindern.
Die Netzintegration ist also nur ein Problem von vielen bei uns. Was die Verfügbarkeit von Anschlusspunkten angeht, gibt es keine Probleme. Spanien hat genügend Anschlusspunkte. Sie reichen bereits fast für die Erreichung des im Nationalen Entwicklungsplan (PND) festgelegten Ziels von 76 Gigawatt Solarenergie. Allerdings haben wir das Problem mit der Abregelung, mit zwei verschiedenen Arten von Abregelungen: technisch und wirtschaftlich bedingte Abregelungen.
Die technischen können gelöst werden, indem bestimmte Leitungen und Infrastrukturen an bestimmten Standorten modernisiert werden. Die wirtschaftlichen entstehen durch mangelnde Nachfrage. Um das Problem der Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage zu lösen, die zu wirtschaftlichen Abregelungen führen, muss die Elektrifizierung beschleunigt werden.
Die langen administrativen Bearbeitungszeiten, insbesondere bei Übertragungsnetzen, und die gesellschaftliche Akzeptanz.
Nun, angesichts der umfangreichen Investitionen in Spanien mit 38 Gigawatt genehmigter Kapazität , wäre es hilfreich, von den Übertragungsnetzbetreibern eine Einschätzung zu bekommen, an welchen Punkten sie technische Abregelungen erwarten und inwieweit sich das auf die zu installierenden Projekte auswirkt. Eine solche Transparenz würde helfen, die Wirtschaftlichkeit des Projekts einzuschätzen.
Zweitens sollten die Leitungen, bei denen es bereits zu erheblichen Abregelungen gekommen ist, möglichst bald modernisiert werden.
Drittens brauchen wir einen neuen Ansatz für die Planung von Stromleitungen, der auf erneuerbare Energien ausgerichtet ist. Das erfordert mehr Flexibilität bei der Planung und eine jährliche Aktualisierung des Bedarfs. Wir müssen von einem statischen zu einem dynamischen Planungsmodell übergehen.
Bisher spielen sie keine besonders große Rolle, aber bei einigen Anlagen kommen Abregelungen allmählich häufiger vor.
Die Investitionsprojekte schreiten weiter voran, aber wir brauchen mehr Transparenz für Investoren. Deshalb fordern wir die Netzbetreiber auf, die Anzahl der Abregelungen pro Knotenpunkt abzuschätzen, um Investoren eine wirtschaftliche Entscheidungsgrundlage zu geben.
Das Interview führte Sarah Hommel de Mendonça.